BAC-Fondsskandal: Einigung mit Wells Fargo wirklich ein „Durchbruch im Interesse der Anleger“?

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Michael Minderjahn
Rechtsanwalt

Tel.: 06221-915770

Die Krise um die US-Lebensversicherungsfonds „Life Trust“ von Berlin Atlantic Capital (BAC) soll entschärft sein. Am 18. März 2011 meldete die Initiatorin, dass sich der Pool, in dem die Lebensversicherungen befinden, mit der Gläubigerbank Wells Fargo auf eine – so wörtlich – „kooperative Fortführung des Policenportfolios geeinigt“ habe. Danach würden die bisher ohnehin der Bank verpfändeten Policen auf eine von Wells Fargo kontrollierte Gesellschaft übertragen, die diese bewirtschaften werde. Bis zum 31. August 2011 habe LTAP die Möglichkeit, die Policen zurückzukaufen, und zwar zum bisherigen Schuldenstand zuzüglich der inzwischen aufgewendeten Prämien.

BAC preist diese Einigung als Erfolg, weshalb man auf (angebliche) Schadensersatzansprüche gegen die Bank habe verzichten können. Aus Sicht des Heidelberger Rechtsanwalts Michael Minderjahn, der zahlreiche Anleger von BAC-Fonds vertritt, ist es äußerst fraglich, ob das Refinanzierungskonzept, an dem angeblich mit Hochdruck gearbeitet wird, aus Anlegersicht eine tragfähige Lösung bietet: „Dem Vernehmen nach wird es darauf hinauslaufen, dass die bisherigen Gesellschafter der Fonds nochmals zur Kasse gebeten und neue Investoren eingeworben werden.“ In diesen Kontext füge sich nahtlos ein, so der Anlegeranwalt, „dass das Fondsmanagement bereits mit Schreiben vom 10. Februar 2011, also lange vor der gemeldeten Einigung, alle Gesellschafter in einem Bettelbrief um zusätzliches Kapital in Form von Darlehen angegangen hat“.

Grundsätzlich stehen die Anleger vor dem Dilemma, entweder mit gutem Geld das schlechte zu retten oder durch Ablehnung den Misserfolg der Beteiligung noch zu beschleunigen.
Die Sanierungsbemühungen des Fondsinitiators begleitet Rechtsanwalt Minderjahn mit gehöriger Skepsis: „Angesichts der bisherigen Informationspolitik von Initiator und Management kann aus heutiger Sicht denjenigen Anlegern, die ihre Investition infolge falscher Beratung als sicher betrachteten, schon deshalb nicht zur Teilnahme geraten werden, weil sie ihre etwaigen Schadensersatzansprüche gegen die vermittelnden Banken zumindest teilweise gefährden.“ Andererseits müssten Anleger sich auch darüber im Klaren sein, dass der im Gespräch befindliche Zinskoupon von 10% auch nur so sicher sei, wie das Schicksal der jeweiligen Fondsgesellschaft, nämlich gar nicht. „Weder Initiatorin noch Management vermögen derzeit die notwendige Sicherheit zu vermitteln, dass es überhaupt zu einer neuen Finanzierung kommt und dies überhaupt sinnvoll ist“, begründet Minderjahn seine ungünstige Prognose. Auch der heftigen Streit zwischen LTAP und Wells Fargo über den Wert der als Sicherheit für die Darlehensverbindlichkeiten von rund 230 Mio. US$ verpfändeten Policen lasse eine erfolgreiche Suche nach neuen Kreditgebern als wenig aussichtsreich erscheinen. Völlig ungeklärt erscheine zudem, wie die sicherlich nicht unbeträchtlichen Kosten finanziert werden sollen, die die „Restrukturierung“ verschlinge. „Dabei geht es ja nicht nur um erhebliche Rechtsanwaltshonorare sondern auch die Finanzierungskosten“, so Minderjahn.

Minderjahn weiter: „Es kann den Anlegern nicht dringend genug geraten werden, vor einer Entscheidung über weitere Kapitalzuführung an die Life Trust Fonds anwaltlichen Rat über etwaige Schadensersatzansprüche einzuholen.“

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BGH: Deutsche Bank zu Schadensersatz für Verluste aus Zinsswap-Vertrag verurteilt

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Mathias NIttel
Rechtsanwalt | Fachanwalt für
Bank- und Kapitalmarktrecht

Die Deutsche Bank muß einem mittelständischen Unternehmen Schadensersatz zahlen, weil sie ihre Pflichten bei der Beratung über den Abschluss eines von ihr konstruierten Zinssatz-Swap-Vertrages (CMS Spread Ladder Swap-Vertrag) verletzt hat. Dies hat der Bundesgerichtshof in einem am 22. März 2011 verkündeten Urteil festgestellt.

In zwei Beratungsgesprächen empfahl die Deutsche Bank, die davon ausging, dass sich die Differenz (Spread) zwischen dem Zwei-Jahres-Zinssatz und dem Zehn-Jahres-Zinssatz künftig voraussichtlich deutlich ausweiten wird, dem klagenden mittlständischen Unternehmen den Abschluss eines CMS Spread Ladder Swap-Vertrages. Danach verpflichtete sich die Deutsche Bank die Klägerin aus einem Bezugsbetrag von 2.000.000 € für die Laufzeit von fünf Jahren halbjährlich Zinszahlungen in Höhe eines festen Zinssatzes von 3 % p.a. zu erbringen, wohingegen sich die Klägerin verpflichtete, zu denselben Zeitpunkten aus der Bezugssumme im ersten Jahr Zinsen in Höhe von 1,5 % p.a. an die Beklagte zu zahlen und danach einen variablen Zinssatz, der mindestens bei 0,0 % liegt und sich abhängig von der Entwicklung des "Spreads" zwischen dem 10- und 2-Jahres-Swap-Mittelsatz auf EURIBOR-Basis (CMS10 - CMS 2) nach der Formel "Zinssatz der Vorperiode + 3 x [Strike - (CMS10 - CMS 2)]" berechnet. Die Höhe des "Strike" lag anfänglich bei 1,0 % und sank über die Vertragslaufzeit stufenweise auf 0,85 %, 0,70 % und 0,55 % ab. Nach dem am selben Tag zwischen den Parteien geschlossenen Rahmenvertrag für Finanztermingeschäfte wurde die Saldierung der wechselseitigen Zinszahlungen vereinbart, so dass nur die Partei, die zu den jeweiligen Fälligkeitsterminen den höheren Betrag schuldete, die Differenz zwischen den geschuldeten Beträgen zu zahlen hatte. Eine einseitige Vertragsbeendigung war ohne Vorliegen eines wichtigen Grundes für beide Parteien erstmals nach dreijähriger Laufzeit und nur gegen Ausgleichszahlung in Höhe des aktuellen Marktwertes des Vertrages möglich.

In den beim Beratungsgespräch verwendeten Präsentationsunterlagen hatte die eutsche Bank die Klägerin hinsichtlich der "Risiken" unter anderem darauf hingewiesen, dass die Klägerin dann, wenn die Zinsdifferenz stark absinkt, höhere Zinszahlungen zu leisten hat als sie empfängt. Das Verlustrisiko der Klägerin bezeichnete die Deutsche Bank als "theoretisch unbegrenzt". Zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses hatte der CMS Spread Ladder Swap-Vertrag einen von der Deutschen Bank bewusst einstrukturierten negativen Marktwert in Höhe von ca. 4 % der Bezugssumme (ca. 80.000 €), worauf die Bank die Klägerin nicht hinwies.

Ab Herbst 2005 nahm die für die Berechnung der Zinszahlungspflicht der Klägerin relevante Zinsdifferenz - entgegen der Prognose der Deutschen Bank - fortlaufend ab, so dass sich der Vertrag nach Ablauf des ersten Geschäftsjahres für die Klägerin als Verlustgeschäft erwies. Am 26. Januar 2007 wurde das Swapgeschäft gegen Zahlung eines Ausgleichsbetrages durch die Klägerin in Höhe des aktuellen negativen Marktwertes von 566.850 € aufgelöst. Die - unter Anrechnung erhaltener Zinszahlungen - im Wesentlichen auf Rückzahlung von 541.074 € nebst Zinsen gerichtete Klage hatte in beiden Vorinstanzen keinen Erfolg.

Der Bundesgerichtshof hat hiervon abweichend entschieden, dass die Deutsche Bank ihre Beratungspflichten verletzt hat, und der Schadenersatzklage stattgegeben.

Eine Bank muss bei der Anlageberatung vor Abgabe der Empfehlung die Risikobereitschaft des Anlegers erfragen, es sei denn, diese ist ihr aus einer langjährigen Geschäftsbeziehung oder dem bisherigen Anlageverhalten ihres Kunden bereits bekannt. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts entfiel eine dahingehende Erkundigungspflicht der Deutschen Bank nicht allein deshalb, weil an der Beratung auf Seiten der Klägerin deren Prokuristin - eine Diplom-Volkswirtin - teilgenommen hat. Diese berufliche Qualifikation lässt für sich allein weder den Schluss zu, der Anleger habe Kenntnisse über die spezifischen Risiken eines CMS Spread Ladder Swap-Vertrages, noch kann aus etwaig vorhandenen Vorkenntnissen des Kunden allein auf dessen Risikobereitschaft geschlossen werden.

Zur Überzeugung des Senats stand fest, dass die Deutsche Bank ihre Beratungspflichten verletzt hat. Bei einem so hochkomplex strukturierten und riskanten Produkt wie dem CMS Spread Ladder Swap-Vertrag sind hinsichtlich der Risikodarstellung des Anlageprodukts hohe Anforderungen an die beratende Bank zu stellen. Dem Kunden muss in verständlicher und nicht verharmlosender Art und Weise insbesondere klar vor Augen geführt werden, dass das für ihn nach oben nicht begrenzte Verlustrisiko nicht nur ein "theoretisches" ist, sondern abhängig von der Entwicklung des "Spreads" real und ruinös sein kann, wohingegen die ihn beratende Bank - abgesehen von den "Hedge-Geschäften" - ihr Verlustrisiko von vornherein eng begrenzt, weil sich durch die Kappung der variablen Zinsen bei 0 % keine "negative Zinszahlungspflicht" des Kunden errechnen kann, die die auf 3 % p.a. festgeschriebene Zahlungspflicht der Bank erhöhen könnte.

Die Aufklärung, die in ihrer Intensität von den Umständen des Einzelfalls abhängt, muss bei einem so hochkomplexen Produkt gewährleisten, dass der Kunde im Hinblick auf das Risiko des Geschäfts im Wesentlichen den gleichen Kenntnis- und Wissensstand hat wie die ihn beratende Bank, weil ihm nur so eine eigenverantwortliche Entscheidung möglich ist, ob er die ihm angebotene Zinswette annehmen will.

Ob die Deutsche Bank diesen hohen Anforderungen an die Darstellung der Risiken des CMS Spread Ladder Swap-Vertrages gerecht geworden ist, konnte offen bleiben, weil sie ihre Beratungspflicht bereits dadurch verletzt hat, dass sie nicht auf den zum Abschlusszeitpunkt für die Klägerin negativen Marktwert des Vertrages in Höhe von ca. 4 % der Bezugssumme (ca. 80.000€) hingewiesen hat.

Der XI. Zivilsenat hat entschieden, dass die Beklagte im Rahmen der von ihr durchgeführten Anlageberatung zu einer dahingehenden Aufklärung verpflichtet gewesen wäre, weil der von ihr bewusst strukturierte negative Marktwert Ausdruck eines schwerwiegenden Interessenkonfliktes ist. Bei der in Rede stehenden Zinswette ist der Gewinn der einen Seite der spiegelbildliche Verlust der anderen Seite. Für die Deutsche Bank als Partnerin der Zinswette erweist sich der "Tausch" (engl. swap) der Zinszahlungen nur dann als günstig, wenn ihre Prognose zur Entwicklung der Zinsdifferenz gerade nicht eintritt und die Klägerin Verlust erleidet. Als Beraterin war die Deutsche Bank verpflichtet, die Interessen ihrer Kundin zu wahren. Diesen Interessenkonflikt hat die Deutsche Bank nicht dadurch gelöst, dass sie ihre Rolle als "Wettgegnerin" der Klägerin nicht für die vertraglich vereinbarte Laufzeit beibehalten hat, sondern ihre Risiken und Chancen des Geschäfts sofort durch "Hedge-Geschäfte" an andere Marktteilnehmer weitergegeben hat.

Die weitere Entwicklung des "Spreads" über die Laufzeit des Vertrages konnte der Banknur deshalb gleichgültig sein, weil sie durch diese Gegengeschäfte bereits ihre Kosten gedeckt und ihren Gewinn erzielt hat. Dies hat die Bank dadurch ermöglicht, dass sie die Konditionen des Swap-Vertrages bewusst so strukturiert hat, dass der Markt das Risiko, das die Klägerin übernimmt, in Höhe von ca. 4 % der Bezugssumme negativ und die Chancen der Bank in dieser Höhe positiv bewertete, so dass sie sich diesen Vorteil durch die "Hedge-Geschäfte" abkaufen lassen konnte.

Der Pflicht zur Aufklärung über den negativen Anfangswert des Vertrages steht nicht entgegen, dass eine Bank, die eigene Anlageprodukte empfiehlt, grundsätzlich nicht verpflichtet ist, darüber aufzuklären, dass sie mit diesen Produkten Gewinne erzielt. Der insofern bestehende Interessenkonflikt ist offenkundig. Er ist jedoch dann aufklärungspflichtig, wenn - wie hier - über das reine Gewinnerzielungsinteresse hinaus besondere Umstände hinzutreten. Diese besonderen Umstände bestehen bei der Empfehlung eines CMS Spread Ladder Swap-Vertrages darin, dass die beratende Bank die Risikostruktur des Anlagegeschäfts bewusst zu Lasten des Anlegers gestaltet hat, um unmittelbar im Zusammenhang mit dem Abschluss des Vertrages das Risiko gewinnbringend verkaufen zu können, das der Kunde aufgrund ihrer Beratungsleistung übernommen hat.

nach Pressemeldung des BGH vom 22. März 2011

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