Kreditfinanzierter Fondsbeitritt: Bereicherungsrechtlicher Anspruch der Bank gegen den Fondszeichner, wenn Ausfertigung der nichtigen Treuhändervollmacht erst bei Darlehensauszahlung vorlag

Schließt ein Treuhänder oder Geschäftsbesorger, der zur Abwicklung aller Vertragsschlüsse bei einer fremdfinanzierten Fondsbeteiligung eingeschaltet wird und dessen Vollmacht gemäß Art. 1 § 1 Abs.1 S.1 RBerG in Verbindung mit § 134 BGB nichtig ist, einen Darlehensvertrag ab, so wird dieser unter Rechtsscheinsgesichtspunkten nur wirksam, wenn die Vollmacht in Original oder Ausfertigung vor oder bei Abschluss des Darlehensvertrages vorlag. Legt der Bevollmächtigte die Vollmacht erst bei Anweisung der Auszahlung der Darlehensvaluta an die Fondsgesellschaft vor, hat die Bank bereicherungsrechtliche Ansprüche gegen den Fondsanleger.

Die Kläger beteiligten sich 1992 zum Zweck der Vermögensbildung und Steuerersparnis an einem geschlossenen Immobilienfonds. Sie erteilten einer Steuerberatungs GmbH, die über keine Erlaubnis nach dem Rechtsberatungsgesetz verfügte, eine umfassende notariell beglaubigte Vollmacht zu Vertretung bei der Abwicklung aller im Zusammenhang mit der Beteiligung und deren Finanzierung abzuschließenden Verträge.

Die Geschäftsbesorgerin schloss namens der Kläger mit der beklagten Bank zwei Darlehenverträge über 103.024 DM und 66.701 DM. Die Nettokreditbeträge wurden auf Anweisung der Geschäftsbesorgerin von der Bank einem Konto der Fondsgesellschaft gutgeschrieben. Die Vollmachtsurkunde legte die Geschäftsbesorgerin erst vor Auszahlung des Darlehens, nicht jedoch bei Abschluss des Darlehensvertrags vor.

Die Kläger nahmen die Bank auf Rückzahlung der Zins- und Tilgungsleistungen in Höhe von 100.555,30 Euro in Anspruch.


Der BGH bejahte einen Anspruch der Kläger gegen die beklagte Bank auf Rückzahlung der von ihnen geleisteten Zahlungen, soweit sie über die Nettokreditbeträge hinausgehen, gemäß § 812 Abs.1 S.1 Alt.1 BGB.

Ein wirksamer Darlehensvertrag sei nicht zustande gekommen. Wer ausschließlich oder hauptsächlich die rechtliche Abwicklung eines kreditfinanzierten Fondsbeitritts im Rahmen eines Steuersparmodells für den Erwerber besorge, bedürfe einer Erlaubnis gemäß Art. 1 § 1 RBerG. Ein ohne diese Erlaubnis abgeschlossener Geschäftsbesorgungsvertrag und eine umfassende Vollmacht zum Abschluss aller mit dem Erwerb oder der Finanzierung des Fondsanteils zusammenhängenden Verträge seien nach ständiger Rechtsprechung des BGH nichtig. (§ 134 BGB iVm Art. 1 § 1 RBerG)

Schließe ein Geschäftsbesorger/Treuhänder, dessen Vollmacht demgemäß nichtig sei, einen Darlehensvertrag ab, komme eine Vertretungsbefugnis nur unter Rechtsscheinsgesichtspunkten (§§ 171 f. BGB) in Betracht. Diese setzte voraus, dass die Vollmachtsurkunde spätestens bei Abschluss des Vertrags und nicht erst bei Auszahlung des Darlehens vorliege.

Die von den Klägern erbrachten Tilgungszahlungen seien aber in Höhe der Nettokreditbeträge von insgesamt 77.233,45 Euro mit Rechtsgrund erfolgt. In dieser Höhe hätte der Beklagten aufgrund der Auszahlung der Darlehen auf ein Konto der Fondsgesellschaft ein Anspruch aus § 812 Abs.1 S.1 Alt.1 BGB gegen die Kläger zugestanden. Die Kläger hätten die Darlehensvaluta durch die aufgrund der Anweisung der Geschäftsbesorgerin erfolgten Auszahlung erhalten. Bezüglich der Anweisung zur Auszahlung habe Vertretungsbefugnis unter Rechtsscheinsgesichtspunkten bestanden, weil die Ausfertigung der Vollmacht vorgelegen habe.

Für die Zurechenbarkeit der Zahlungsanweisung der Geschäftsbesorgerin komme es entscheidend auf die Vorlage der Vollmachtsurkunde im Zeitpunkt der Ausführung der Zahlungsanweisung durch Überweisung auf das Konto der Fondsgesellschaft und nicht auf den Zeitpunkt der Erteilung der Zahlungsanweisung an. Für die Schutzwürdigkeit der Bank mache es keinen Unterschied, ob ihr die Vollmachtsurkunde bereits bei Erteilung der Zahlungsanweisung oder erst bei deren Ausführung vorgelegen habe. Da sie ihr Vertrauen auf den von den Klägern wissentlich gesetzten Rechtsschein einer Vollmacht erst durch die Ausführung der Zahlungsanweisung der Geschäftsbesorgerin betätigt habe, reiche es für die entsprechende Anwendung der §§ 171 bis 173 BGB aus, dass ihr die Vollmachtsurkunde in diesem Zeitpunkt vorgelegen habe.


BGH, Urteil vom 27. Mai 2008, Az. XI ZR 149/07

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