Die Pflicht zur Aufklärung über Rückvergütungen bei einer Anlageberatung besteht unabhängig davon, von wem diese Zahlungen erbracht werden



Mathias Nittel
Rechtsanwalt | Fachanwalt für Bank- und
Kapitalmarktrecht

Tel.: 06221-915770

Die Haftung eines Anlageberaters hängt nicht davon ab, ob er die Provision für den Vertrieb einer Kapitalanlage unmittelbar von einer Fondsgesellschaft oder von einem Vertriebsunternehmen erhält, das von der Fondsgesellschaft beauftragt worden ist. Ausschlaggebend ist vielmehr, dass der Anlageberater in für den Anleger nicht erkennbarer Weise eine erfolgsabhängige Vergütung für seine Anlageempfehlung von dritter Seite erhält. Dies entschied das OLG Stuttgart in einem Urteil vom 30. November 2010 (6 U 2/10).

Der Kläger hatte nach Gesprächen mit einem Kundenberater der beklagten Bank eine Treuhandbeteiligung am VIP Medienfonds 4 mit einer Einlage von 35.000 € zzgl. eines Agios von 5 % gezeichnet. Am gleichen Tag wurde ihm auch der Emissionsprospekt ausgehändigt. Die Bank erhielt für den erfolgreichen Vertrieb der Fondsbeteiligung eine Provision, die sich auf 8,25 bis 8,72 Prozent der Zeichnungssumme belief. Hierüber wurde zwischen dem Anleger und dem Bankberater nicht gesprochen.

Das OLG bejaht das Vorliegen einer schuldhaften und für die Anlageentscheidung des Klägers ursächlichen Pflichtverletzung der Bank. Diese sei bereits in dem unterlassenen Hinweis auf die Provision, die die Bank infolge des Zustandekommens der mittelbaren Beteiligung erwartete, zu sehen. Eine vom Umsatz abhängige Verdienstaussicht der Bank begründet nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die Gefahr, dass sie ihre Empfehlung nicht allein im Kundeninteresse abgibt, sondern zumindest auch in ihrem eigenen Interesse, möglichst hohe Vergütungen zu erhalten.

Ohne Erfolg berief sich die Bank darauf, die Rechtsprechung des BGH nicht anwendbar sei, weil es sich bei der von der Bank vereinnahmten Zahlung nicht um eine "Rückvergütung", sondern um eine Vertriebsprovision, die als kalkulatorischer Preisbestandteil keinerlei anrüchigen Charakter habe, handeln würde. Außerdem seien die Zahlungen nicht von der Fondsgesellschaft sondern von dem Vertriebsunternehmen geleistet worden, das von der Fondsgesellschaft beauftragt worden sei und die Bank seinerseits als Unterbeauftragte eingeschaltet habe. In den Augen des OLG ist allein ausschlaggebend, dass die Bank abhängig vom Erfolg ihrer Vertriebsbemühung und für den Anleger nicht erkennbar eine Vergütung für ihre Anlageempfehlung von dritter Seite erhält.

www.nittel.co

Auch erfahrene Anleger müssen über die Risiken einer Anlage zutreffend unterrichtet werden



Mathias Nittel
Rechtsanwalt | Fachanwalt für Bank- und
Kapitalmarktrecht

Tel.: 06221-915770

Auch erfahrene Anleger, die eine "chancenorientierte" Anlagestrategie verfolgen, dürfen im Rahmen einer Anlageberatung von ihrer Bank erwarten, dass sie über die Risiken einer Anlageform zutreffend unterrichtet werden. Dies gilt insbesondere dann, wenn ihnen die Anlageform bisher nicht bekannt war. Ihnen kann nicht entgegengehalten werden, sie hätten sich auf die Richtigkeit der Angaben nicht verlassen dürfen.

Mit dieser Begründung gab das OLG Frankfurt a.M. in seinem Urteil vom 8. Dezember 2010 (19 U 22/10) der Klage eines Anlegers statt, der im Dezember 2000 hinsichtlich der Beteiligung an einem Filmfonds angeworben worden war. Der Bankberater stellte ihm die Beteiligung als sehr interessante Kapitalanlage vor und gab an, er könne diese Beteiligung bestens empfehlen.
Der Kläger machte geltend, er sei nicht ausreichend über den Umfang der Risiken der Anlage aufgeklärt worden. Ihm sei nachdrücklich versichert worden, dass allenfalls ein Risiko bestehe, ca. 24 % des angelegten Kapitals zu verlieren. Auf das Risiko, einen Totalverlust erleiden zu können, sei er nicht hingewiesen worden.

Das Oberlandesgericht bejahte das Zustandekommen eines Anlageberatungsvertrages zwischen dem Kunden und seiner Bank. Dieser kommt meist dadurch zustande, dass der Interessent deutlich erkennen lässt, er wolle wegen einer Anlageentscheidung die besonderen Kenntnisse des Beraters in Anspruch nehmen und dieser mit der gewünschten Tätigkeit beginnt. Eines ausdrücklichen Vertragsschlusses bedarf es dabei nicht. Aus diesem Beratungsvertrag war die beklagte Bank verpflichtet, den Kläger über die für die Anlageentscheidung bedeutsamen oder möglicherweise bedeutsamen Umstände wahrheitsgemäß, richtig und vollständig aufzuklären. Diese Pflicht hat die Bank verletzt, indem ihr Mitarbeiter einen vom OLG festgestellten Mangel im Prospekt weder richtig gestellt noch ausgeräumt hat.

Dass es sich bei dem Kläger um einen sehr erfahrenen Anleger mit eigenem Entscheidungsverhalten handelt, der im Hinblick auf die hohe steuerliche Abschreibung und eine möglichst hohe Rendite auch bereit war, Risiken in Kauf zu nehmen, vermag an dieser Einschätzung nichts zu ändern. Aus Sicht des OLG gibt es keinen Erfahrungssatz dahingehend, dass die Frage der Sicherheit einer Kapitalanlage für einen erfahrenen Anleger, der Steuern sparende Effekt erzielen will, ohne Bedeutung ist. Auch Anleger, die eine "chancenorientierte" Anlagestrategie verfolgen, dürfen im Rahmen einer Anlageberatung erwarten, dass sie über die Risiken einer Anlageform zutreffend unterrichtet werden, dies insbesondere wenn ihnen die Anlageform bisher nicht bekannt war.

Ein noch in der ersten Instanz angenommene Mitverschulden des Klägers, das schadensmindernd berücksichtigt worden war, verneint das OLG. Ist ein Schadensersatzanspruch wegen unrichtiger Beratung gegeben, so ist dem Schädiger in aller Regel der Einwand verwährt, der Geschädigte habe sich auf die Richtigkeit seiner Angaben nicht verlassen dürfen.

www.nittel.co

Massenschadensfall Badenia: BGH führt Schrottimmobilien-Rechtsprechung zu Gunsten geschädigter Anleger fort



Mathias Nittel
Rechtsanwalt | Fachanwalt für Bank- und
Kapitalmarktrecht

Tel.: 06221-915770
.
Der für Bankrecht zuständige 11. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat erneut über Schadensersatzansprüche von Verbrauchern im Zusammenhang mit von der Badenia Bausparkasse finanzierten Schrottimmobilien entschieden. Bei den am 11. Januar 2011 verhandelten Revisionsverfahren handelte es sich um Parallelverfahren, in denen Anleger unter anderem die Badenia Bausparkasse auf Rückabwicklung kreditfinanzierter Immobilienkäufe in Anspruch nehmen, die Ihnen von der insolventen Firma Heinen & Biege vermittelt wurden. Finanziert wurden die Erwerber von der Badenia Bausparkasse aus Karlsruhe, heute eine Tochter der Generali Versicherungen. Sie hatte in den 90er Jahren mehr als 8000 Kredite für Schrottimmobilien vergeben, dabei aber, so die Vorhalte der Anleger, die tatsächliche Höhe der Provisionen an die freien Vermittler verschwiegen. Der BGH hat überwiegend die Berufungsurteile, mit denen die KLagen der Anleger abgewiesen worden waren, aufgehoben und die Sachen zur weiteren Klärung zurückverwiesen.

Bereits in einem Urteil vom 29. Juni 2010 hatte der BGH ein Berufungsurteil bestätigt, das eine arglistige Täuschung der Anleger über die Höhe der Vertriebsprovisionen durch Angaben im so genannten „Objekt- und Finanzierungsvermittlungsauftrag“ bejaht und damit eine Schadensersatzpflicht der Badenia Bausparkasse wegen vorvertraglicher Aufklärungspflichtverletzung angenommen hat. Nach dem in allen vergleichbaren Fällen verandten „Objekt- und Finanzierungsvermittlungsauftrag“ sollte der Auftrag „durch die in Punkt vier und fünf der nachfolgenden Aufstellung benannten Firmen zu den dort genannten Gebührensätzen ausgeführt werden“. Nach Ansicht des BGH sei dies so zu verstehen, dass die dort genannten Gebührensätze, die sich insgesamt auf 5,5 Prozent belaufen, aus Sicht der Anleger die Gesamtprovisionen angeben, zu denen die jeweiligen Vermittlungsgesellschaften den Auftrag insgesamt ausführen sollen. Sind den Gesellschaften aber tatsächlich höhere Provisionszahlungen zugeflossen, sind die dortigen Angaben unrichtig.

Für Badenia-Anleger haben diese Entscheidungen die Position für die Durchsetzung von Schadenersatzansprüchen weiter gestärkt.

www.nittel.co

Aktuelle Beiträge

Die 10 besten Kanzleien...
Empfehlenswerte Kanzlei für Bankrecht und Kapitalmarktrecht Der...
RA Nittel - 29. Dezember, 09:44
Anwaltshaftung: Fehlende...
Anleger werden Opfer der von ihren Rechtsanwälten betriebenen...
RA Nittel - 26. November, 09:33
Anwaltshaftung wegen...
Bundesverfassungsgericht nimmt Beschwerden gegen BGH-Urteile...
RA Nittel - 24. Oktober, 17:59
Wenn der Anwalt plötzlich...
(> zum ersten Teil des Artikels) 20.10.2015 - Anruf...
RA Nittel - 20. Oktober, 19:47
Güteantrag: Kein Schadenersatz...
Welche Möglichkeiten geschädigte Mandanten haben 12.10.2015...
RA Nittel - 14. Oktober, 09:51
Anwaltshaftung: Wenn...
Falscher Rat vom Anwalt 12.10.2015 - Vor eineinhalb...
RA Nittel - 14. Oktober, 09:50
Zweite Lorenz Immobilienfonds...
Erneut Prozesserfolg für von Minderjahn vertretenen...
RA Nittel - 12. Oktober, 09:19
VW-Abgas-Skandal: wann...
08.10.2015 - Durch die in den Fahrzeugen des VW-Konzerns...
RA Nittel - 9. Oktober, 20:49
Clerical Medical-Klage...
Welche Möglichkeiten geschädigte Anleger jetzt noch...
RA Nittel - 9. Oktober, 11:51
Montranus I und Montranus...
02.10.2015 - Abermals wurde die Helaba Dublin zur Rückabwicklung...
RA Nittel - 3. Oktober, 09:05

User Status

Du bist nicht angemeldet.

Suche

 

Status

Online seit 6154 Tagen
Zuletzt aktualisiert: 29. Dezember, 09:44

facebook



Credits

Web Counter-Modul

Blogwebkatalog

JuraBlogs.com

Blog Verzeichnis und Blog Webkatalog

Bloggeramt.de

Blogverzeichnis - Blog Verzeichnis
bloggerei.de

Profil
Abmelden
Weblog abonnieren