Donnerstag, 5. Mai 2011

BGH entscheidet zu Steuervorteilen bei „Schrottimmobilien“

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Michael Minderjahn
Rechtsanwalt

Mit Urteil vom 1. März 2011 (XI ZR 96/09) hat der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden, dass Steuervorteile, die ein Anleger durch den kreditfinanzierten Erwerb einer Eigentumswohnung hatte, generell außer Betracht bleiben, wenn er die Schadensersatzleistung zu versteuern hat. Ausschließlich dann, wenn dem Geschädigten trotz der Versteuerung der Schadensersatzzahlung ungewöhnlich hohe Steuervorteile verbleiben gilt der vorstehende Grundsatz nicht.

Dem lag folgender Fall zugrunde:
Die klagenden Eheleute hatten 1996 zu Steuersparzwecken eine Eigentumswohnung ohne Eigenkapital erworben, die sie mit einem tilgungsfreien Vorausdarlehen einer Landesbank und zwei Bausparverträgen der beklagten Bausparkasse finanzierten. Sie machten geltend von der Vertriebsgesellschaft der Beklagten über die tatsächlich erzielbare Miete getäuscht worden zu sein. Geklagt wurde auf Zahlung von Schadensersatz gegen Übereignung der Wohnung. Nachdem das Landgericht Karlsruhe die Klage noch abgewiesen hatte, gab ihr das Oberlandesgericht Karlsruhe statt, jedoch abzüglich der bis 2006 erzielten Steuervorteile. Wegen der Steuervorteile war die Revision zugelassen worden.

Nach ständiger Rechtsprechung des BGH sind Steuervorteile aus einer Kapitalanlage dann nicht (schadensmindernd) zu berücksichtigen, wenn der vom Verpflichteten zu zahlende Schadensersatz vom Anleger versteuert werden muss. Dem liegt die Überlegung zugrunde, dass eine korrekte Berechnung des Vergleichswertes (Was wäre, wenn die Anlage nicht getätigt worden wäre?) mit unvertretbarem Aufwand verbunden wäre. Außerdem würde dem Geschädigten die Durchsetzung seines Anspruchs „unzumutbar erschwert“, wenn nach der Versteuerung der Schadensersatzleistung erst die (dann feststehenden) steuerlichen Nachteile geltend gemacht werden könnten. Genau das war es, was der BGH an der Vorinstanz zu beanstanden hatte: wenn die Kläger jetzt schon die Eigentumswohnung an die Beklagte übereigneten, erhöhe sich ihr Risiko, dass die Beklagte insolvenzbedingt als Schuldner ausfalle. Sehr eindringlich stellt der BGH klar, dass er an seiner seit 1969 bestehenden Rechtsprechung festhalte, nachträgliche Veränderungen könnten die im Prozess vorzunehmende Vorteilsausgleichung nicht mehr verändern.

Zu Recht weist der BGH darauf hin, dass die steuerlichen Vorteile aus Verlusten (hier aus Vermietung und Verpachtung) stammen, die zur Minderung des Gesamtbetrags der Einkünfte führen. Solche Verluste resultieren überwiegend aus Zins- und Nebenkostenzahlungen, eher untergeordnet auch Abschreibungen. Diese Positionen, steuerlich eben Werbungskosten, führen bei der Schadensabwicklung zu Einnahmen, die der geschädigte Anleger im Jahr des Zuflusses zu versteuern habe. Ganz ausdrücklich übt der XI. Senat nochmals den Schulterschluss mit insbesondere dem III. und V. Senat, die übereinstimmend davon ausgehen, dass der Geschädigte nur eine sekundäre Darlegungs- und Beweislast für ganz erhebliche Steuervorteile, die ihm verbleiben, habe. Dem sei aber unproblematisch damit nachzukommen, dass beispielsweise Steuererklärungen und –bescheide vorlege. Dass der Geschädigte die durch die Schadensersatzzahlung entstehende steuerliche Belastung nicht konkret anzugeben vermag, erachtet der BGH für „unschädlich“. Jedenfalls sind Tarifermäßigungen oder niedrigere Steuersätze, das hat der BGH schon mit Urteil vom 15.07.2010 (III ZR 336/08) entschieden, nicht so außergewöhnlich, dass sie zugunsten des Schädigers sich auswirkten.

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