Schrottimmobilien: Oberlandesgericht Karlsruhe bejaht Erfolgsaussichten einer Schadensersatzklage gegen die Deutsche Bausparkasse Badenia

Der Antragsteller begehrt Prozesskostenhilfe für eine Schadensersatzklage gegen die Deutsche Bausparkasse Badenia, die ihm das Landgericht Karlsruhe nicht gewährt hat. Im Beschwerdeverfahren hat der 17. Zivilsenat - Bankensenat - des Oberlandesgerichts Karlsruhe festgestellt, dass von einer hinreichenden Erfolgsaussicht der Klage auszugehen ist.

Der Antragsteller, ein damals 31 jähriger Krankenpfleger, und seine damalige Ehefrau, seinerzeit 26 Jahre alt und von Beruf Krankenschwester, wurden im November 1998 von einem Vertriebsmitarbeiter einer für die H&B GmbH tätigen Vermögensberatungs GmbH geworben, zwecks Steuerersparnis ohne Eigenkapital eine Eigentumswohnung in Oschersleben zu erwerben. Im Dezember 1998 unterschrieben die Eheleute nach mehreren Gesprächsterminen mit den Vermittlern einen „Besuchsbericht“, erklärten ihren Beitritt zu einer Mietpoolgemeinschaft und kauften Ende Dezember die 41,32 qm große Wohnung für 158.688 DM. Zur Finanzierung wurden ein Vertrag über ein Vorausdarlehen mit der X-Bank und zwei Bausparverträge mit der Antragsgegnerin Badenia abgeschlossen. In dem „Besuchsbericht“ war zur Berechnung des monatlichen Aufwands für Zins und Tilgung die „Vorauszahlung auf die Mietpoolausschüttung von z. Zt.“ mit 468 DM (= 11,32 DM/qm) ausgewiesen. In der von den Vermittlern aufgestellten Beispielrechnung wurde dieser Betrag als „Mieteinnahme“ bezeichnet.

Der Antragsteller begehrt Schadensersatz insbesondere wegen Aufklärungspflichtverletzung der Antragsgegnerin.

Nach Auffassung des Senates ist es nach vorläufiger Bewertung der Rechtslage überwiegend wahrscheinlich, dass der Antragsteller mit seinen Rechtsschutzbegehren durchdringen wird.

Ein aufklärungspflichtiger Wissensvorsprung der Badenia über besondere Risiken des Anlagegeschäftes bestand im Hinblick auf die evidente Unrichtigkeit der Angaben des Vertriebsmitarbeiters zur Höhe der Mietpoolausschüttung.

Die Vertriebsgesellschaft hat den Antragsteller und seine geschiedene Ehefrau über die tatsächlich verfügbare Nettomiete getäuscht. Davon hatte die Badenia - wie zumindest zugunsten des Antragstellers vermutet wird - Kenntnis. Das Vertriebsunternehmen hatte dem Antragsteller eine erwartbare Mietpoolausschüttung von 11,32 DM pro qm in Aussicht gestellt. Diese Information stellte sich für den Antragsteller so dar, dass er diese sogenannte „Nettomieteinnahme“ als feste Rechengröße für die Renditeberechnung zu Grunde legen könne. Er musste nicht in Rechnung stellen, dass ein negatives Mietpoolergebnis mit der Folge von Nachzahlungen oder Kreditaufnahmen des Mietpools von vornherein eingeplant war. Sinn und Zweck der Angaben des Vermittlers im Besuchsbericht war es nämlich ihm vorzurechnen, dass er die voll finanzierte Immobilie mit vertretbarem Eigenaufwand dauerhaft halten könne.

Die angekündigte Mietpoolausschüttung war bewusst überhöht. Sie beruhte auf einer vorsätzlich falschen Kalkulation und sollte den Anlegern einen unzutreffenden Eindruck von der Rentabilität und Finanzierbarkeit der Anlage vermitteln. Der Renditerechnung der Vertriebsbeauftragten lagen, wie die maßgeblichen Mitarbeiter der Antragsgegnerin, insbesondere der Finanzvorstand A. wussten, überhöht kalkulierte Mietausschüttungen zugrunde. Bereits mit einem Schreiben vom März 1998 lehnte es das Vorstandsmitglied der Antragsgegnerin im Rahmen der Einwertung des Objekts O. ab, eine Nettokaltmiete von 11,00 DM pro qm zu Grunde zu legen, ein solcher Parameter sei unrealistisch und inakzeptabel. Der Mietpool erreichte das vom Vermittler versprochene Ausschüttungsergebnis nie.

Die Verjährungseinrede der Antragsgegnerin ist nicht begründet. Die maßgebliche Verjährungsfrist von 3 Jahren war zum Zeitpunkt der Einreichung des Prozesskostenhilfeantrages Ende 2007 noch nicht abgelaufen, da der Antragsteller die den Schadensersatzanspruch begründenden tatsächlichen Umstände frühestens Ende des Jahres 2004 kannte, als das von dem Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen in Auftrag gegebene Gutachten vom 27.11.2001 im Zusammenhang mit dem Urteil des 15. Zivilsenates des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 24.11.2004 allgemein bekannt geworden war. Es kommt nämlich maßgeblich auf die Kenntnis von den besonderen Umständen des Zusammenwirkens der Antragsgegnerin mit der Vertriebsgruppe H&B an, aus denen allein sich der qualifizierte Wissensvorsprung der Antragsgegnerin gegenüber dem Antragsteller ergab. Die Anleger mussten vor diesem Zeitpunkt nicht in Erwägung ziehen, ein maßgeblicher Organvertreter der Antragsgegnerin könne von planmäßig überhöhten Mietpoolausschüttungen im Zeitpunkt des Abschlusses der Finanzierungsverträge Kenntnis gehabt oder an einem betrügerischen Mietpoolkonzept mitgewirkt haben. Erst Ende 2004 standen solche Vorwürfe im Raum, als die Verstrickung der Antragsgegnerin in das von der H&B betriebene Immobilienanlagegeschäft und die Verflechtung der rechtlich getrennten Sphären von Finanzierungs- und Erwerbsverträgen im Sinne einer institutionalisierten Zusammenarbeit offenbar geworden waren. Zwar hatte der Antragsteller wohl schon vor dem 01.01.2002 Kenntnis von der evidenten Täuschung über die im Besuchsbericht angegebene Nettomiete, aber erst Ende 2004 bestand der begründete Verdacht, dass ein Vorstand einer Bausparkasse mit Täuschungshandlungen beim Vertrieb der Immobilien möglicherweise in Verbindung stand.

Beschluss des OLG Karlsruhe vom 17. September 2008 - 17 W 21/08
Quelle: Pressemitteilung des OLG Karlsruhe

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