Wissen Sie, wie viel Provision Ihre Bank oder Ihr Finanzberater dafür erhalten hat, dass er Ihnen die Beteiligung an einem Fonds schmackhaft gemacht hat? Bei Investmentfonds winken Provisionen von 2,5 bis 5 Prozent. Bei Beteiligungen an Immobilien-, Schiffs, Windkraft-, Solar-, Biogas- oder Lebensversicherungsfonds fließen Abschlussprovisionen von bis zu 8 Prozent der Beteiligungssumme, zusätzlich zum Agio von meist 5 Prozent versteht sich. Bei der Anlage von 100.000 Euro, beispielsweise in einen Immobilienfonds, ergibt das eine Provision von 13.000 Euro. Angesichts dieses ganz erheblichen Eigeninteresses Ihres Beraters erscheint Ihnen sein Engagement, als er Ihnen zur Investition in einen Fonds riet, möglicher Weise in einem ganz neuen Licht.
Banken, wie alle Finanzdienstleister, haben ihre Kunden über diese lukrativen Provisionsgeschäfte regelmäßig nicht aufgeklärt. Für die getäuschten Kunden erweist sich dies nun als Glücksfall. Deutsche Gerichte gehen gegen versteckte Provisionen bei Geschäften mit Privatanlegern vor, für die geprellten Kunden steigen die Chancen, Schadensersatz zu erhalten.
Der Bundesgerichtshof stellte in einer jüngst ergangenen Entscheidung fest, dass eine Bank verpflichtet ist, ihren Kunden, den sie in Bezug auf eine Geldanlage berät, darauf hinzuweisen, dass und in welcher Höhe sie für den Abschluss der von ihr empfohlenen Medienfondsbeteiligung Provisionen erhält. Das Landgericht München I verurteilte eine Bank zu Schadensersatz die ihren Kunden nicht darüber aufgeklärt hat, welche Provisionen sie durch die Beratung zur Zeichnung einer Immobilienfondsbeteiligung erhalten hat.
Für die Gerichte ist klar: Eine Bank muss im Rahmen ihrer Beratung den Anleger darüber aufklären, dass sie ein ganz erhebliches eigenes finanzielles Interesse daran hat, dass er sein Geld in das empfohlenen Anlageprodukt investiert. Denn dieses Provisionsinteresse der Bank steht in erheblichem Konflikt mit einer rein kundenorientierten Anlageberatung. Nur wenn der Kunde die Höhe der Provision kennt, kann er das Umsatzinteresse des Beraters abschätzen und beurteilen, ob die Anlageempfehlung allein im Kundeninteresse nach den Kriterien anleger- und objektgerechter Beratung erfolgt ist, oder im Interesse der Bank, möglichst hohe Provisionen zu erhalten.
Aufgrund dieser Entwicklung in der Rechtsprechung haben auch Sie gute Chancen von Ihrer Bank oder Ihrem Berater Schadenersatz zu erlangen, wenn Sie im Zusammenhang mit der Zeichnung einer Kapitalanlage, beispielsweise einer Fondsbeteiligung, nicht auf Provisionen hingewiesen wurden. Sie sind dann so zu stellen, als hätten Sie den Fonds nicht gezeichnet und erhalten in der Regel ihr angelegtes Kapital zurück.
RA Nittel - 24. Februar, 11:30
Wie viele andere hatte Rudolf T. sich in den vergangen Jahren von seiner Bank beraten lassen und verschiedene Beträge zur Altersvorsorge angelegt. Auch einen Fonds der Münchner BVT-Gruppe legte ihm sein Berater ans Herz. Eine Beteiligung an einem Einkaufszentrum in Ludwigshafen, der so genannten „Walzmühle“, in die er 50.000 DM investierte.
Doch hinter der von der Bank im Rahmen einer „objektiven Vermögensberatung“ angebotenen Beteiligung steckte mehr, wie er von dem Heidelberger Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht Mathias Nittel erfuhr: Banken erhalten wie alle Finanzdienstleister von den Anbietern der Fondsprodukte, die sie an Kunden vermittelt Provisionen und machen mit diesem Provisionsgeschäft ganz erhebliche Umsätze, über die sie ihre Kunden nicht aufklären.
Das Landgericht München I verurteilte die Bank nun zu Schadensersatz (Az: 27 O 23950/07 – nicht rechtskräftig) und begründete dies damit, dass die Bank im Rahmen ihrer Beratung den Anleger darüber hätte aufklären müssen, dass sie ein ganz erhebliches eigenes finanzielles Interesse daran hatte, dass er sein Geld in diesem Fonds anlegt. „Dieses Vergütungsinteresse der Bank steht in erheblichem Konflikt mit einer rein kundenorientierten Anlageberatung“, stellt Anwalt Nittel fest, so dass „der Kunde auf eine Provision hinzuweisen ist, damit er das Umsatzinteresse des Beraters abschätzen kann". Eine Auffassung, der sich das Landgericht anschloss, denn nur so könne der Kunde beurteilen, ob die Anlageempfehlung allein im Kundeninteresse nach den Kriterien anleger- und objektgerechter Beratung erfolge, oder im Interesse der Bank, möglichst hohe Provisionen zu erhalten.
Das Urteil hat weit über den Einzelfall hinaus Bedeutung. „Fast alle Banken und Finanzdienstleister erhalten für die Vermittlung von Anlageprodukten Provisionen, seien es Immobilien-, Medien- Schiffs- oder Aktienfonds, offene Immobilienfonds oder Zertifikate,“ so Anwalt Nittel, der zahlreiche Anleger vertritt. „Ich kenne bislang keinen Anleger, der von seiner Bank oder seinem Finanzdienstleister über die Provision aufgeklärt wurde.“ Nach dem von ihm erstrittenen Urteil des Landgerichts München I, das inzwischen durch eine fast zeitgleich ergangene Entscheidung des Bundesgerichtshofs inhaltlich bestätigt wurde, der für einen Medienfonds die Verpflichtung der Bank zur Aufklärung über Provisionen bejaht hat (XI ZR 510/07), sieht er gute Chancen für Anleger bei einem Vorgehen gegen Banken und Berater. „Jeder Anleger, den seine Bank nicht auf Provisionen hingewiesen hat, hat gute Chancen, auf diesem Weg auch fehlgeschlagene Kapitalanlagen wirtschaftlich rückabzuwickeln.“
http://www.kapitalanlagerecht.net/bvt_fonds.php
Artikel in Spiegel Online
Artikel in der Süddeutschen Zeitung
RA Nittel - 19. Februar, 17:01
Der Erwerber einer zu Kapitalanlagezwecken veräußerten Eigentumswohnung klagte gegen die Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts, die als Verkäuferin der Wohnung aufgetreten war. Der Anleger erhielt für die Wohnung zunächst eine Garantiemiete. Dem Garantiegeber war bekannt, dass die Erträge der Wohnung wegen Leerstands nicht ausreichten, um die aus der Finanzierung des Kaufpreises resultierenden Belastungen zu tragen. Der Bundesgerichtshof gab der auf Freistellung und Schadenersatz gerichteten Klage statt.
Der BGH begründete seine Entscheidung damit, dass der Erwerb von Immobilieneigentum bei vollständiger Finanzierung des Kaufpreises allenfalls dann zu wirtschaftlichem Erfolg führen kann, wenn ein nachhaltiges Leerstandsrisiko nicht besteht. So verhält es sich von vornherein nicht, wenn das Kaufobjekt oder wesentliche Teile von diesem - wie hier die Garage - schon bei Abschluss des Kaufvertrags nicht zu den in den Verhandlungen angegebenen Konditionen vermietet sind. Die Bezeichnung eines Berechnungsbeispiels als "unverbindlich" ändert hieran nichts. Der Verkäufer erweckt durch die Übergabe der Berechnung die Annahme, die in diesem angegebenen Mieten würden erzielt. Der Käufer muss zwar damit rechnen, das Risiko eines künftigen Leerstands zu tragen. Er kann und braucht jedoch nicht davon auszugehen, dass er nicht nur dieses Risiko trägt, sondern sein Erwerb von Anfang nicht mehr als eine Spekulation auf eine künftige Vermietbarkeit zu den von dem Verkäufer in den Kaufvertragsverhandlungen angegebenen Konditionen bedeutet.
Der Heidelberger Fachanwalt Mathias NIttel verweist darauf, daß dies auch dann gilt, wenn der Verkäufer das Leerstandsrisiko durch die Vereinbarung einer Garantie zeitlich beschränkt übernimmt. Eine auf die Dauer von drei Jahren befristete Garantie stellt nach Ansicht des BGH bei einer vollständigen Finanzierung des Kaufpreises keine nachhaltige Sicherung des Käufers dar, die den Verkäufer von der Verpflichtung zur Aufklärung über die tatsächlichen Umstände der Vermietung befreien könnte. So liegt es insbesondere, wenn sich die angeblich erzielte Miete wie im vorliegenden Fall auf einen ungewöhnlich hohen Betrag beläuft.
Infolgedessen hätte auf Leerstände und Mindereinnahmen im Rahmen der Beratung hingewiesen werden müssen. Diese waren für den Anleger von wesentlicher Bedeutung.
BGH, Urteil vom 10. Oktober 2008 – Az.: V ZR 175/07
RA Nittel - 5. Februar, 12:22
Der Kläger wandte sich im Jahr 2001 an seine Bank, um sich über eine Geldanlage beraten zu lassen. Seine Anlageziele waren Altersvorsorge und Vermögensaufbau. Seine Anlagestrategie bezeichnete er in einem vorgegebenen Schema als „wachstumsorientiert“, was wie folgt definiert war: „Überdurchschnittliche Wertentwicklungschancen. Wertverluste sind jederzeit möglich. Aktienanteil ist größer als Rentenanteil.“ Ein Mitarbeiter der beklagten Bank beriet ihn und empfahl eine Beteiligung an einem Medienfonds.
In dem umfangreichen Fondsprospekt war unter der Rubrik „Risiken und Chancen“ darauf hingewiesen worden, dass im Extremfall, wenn alle hergestellten Filme „floppen“ sollten, sich die „Ausschüttungen auf etwa 50 Prozent ihrer Nominaleinlage reduzieren könnten.“ Nur im Fall weiterer unvorhergesehener ungünstiger Ereignisse könne dies bis zum Totalverlust führen.
Im Jahr 2006 teilte die Fondsgesellschaft dem Kläger mit, dass sich der Wert seiner Anlage auf rund 20 Prozent verringert habe. Daraufhin forderte der Kläger von der Beklagten Schadenersatz wegen der Verletzung von Pflichten aus dem Anlageberatungsvertrag.
Das Landgericht wies die Klage ab. Auf die Berufung des Klägers hob das Oberlandesgericht Oldenburg das Urteil auf und gab der Klage statt. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Das OLG führt zur Begründung seiner Entscheidung aus, dass auch ein Anleger, der bereit ist, hohe Risiken einzugehen, Anspruch auf zutreffende Informationen hat. Dies muss auch dann gelten, wenn Gegenstand der Beratung eine für den Anleger neues Anlageprodukt ist, bezüglich dessen er noch nicht über Informationen verfügt.
Die mit der Beteiligung an den Medienfonds verbundenen Risiken gingen, so das OLG, über das hinaus, was der Kläger in seiner Anlagestrategie noch in Kauf nehmen wollte. Die Bereitschaft, Wertverluste hinzunehmen umfasst nicht automatisch die Inkaufnahme eines Totalverlustes. Da der Prospekt die im „Extremfall“ drohenden Risiken zu positiv und damit unrichtig darstelle und die Risikobeschreibung im Prospekt rechnerisch unschlüssig und sachlich falsch sei, müsse sich die beratende Bank die fehlerhaften Prospektdarstellungen zurechnen lassen.
OLG Oldenburg, Urteil vom 24. September 2008 - 3 U 54/07
RA Nittel - 2. Februar, 12:21
Anleger, die an geschlossenen Immobilienfonds über Treuhänder beteiligt sind, haften nicht für die Darlehensverbindlichkeiten der Fondsgesellschaft. Dies hat der Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 11. November 2008 entschieden (Az.: XI ZR 468/07) und damit ein von Witt Nittel, Fachanwälte für Bank- und Kapitalmarktrecht erstrittene Entscheidung des Oberlandesgerichts Karlsruhe bestätigt. Das Gericht hatte die Klage der Societé Générale gegen einen Anleger im HAT-Fonds 43 abgewiesen, mit der die Bank den Anleger für Darlehensverbindlichkeiten der Fondsgesellschaft in Anspruch genommen hatte.
Nach dem Urteil stehen der Bank gegen den Anleger keine Ansprüche aus den Darlehensverträgen zu, so Rechtsanwalt Mathias Nittel. Die Zins- und Tilgungsleistungen, die der Anleger in der Vergangenheit unmittelbar an die Bank gezahlt hat, kann er darüber hinaus von der Bank zurückverlangen. Diese werden weder um die erzielten Steuervorteile gekürzt, noch muss der Anleger im Gegenzug den Fondsanteil an die Bank herausgeben.
Für Rechtsanwalt Mathias Nittel reicht die Bedeutung der Entscheidung weit über den Einzelfall hinaus. „Entscheidend ist, dass der Anleger sich über eine Treuhandgesellschaft an den Fonds beteiligt hat. Da diese Konstellation in einer großen Zahl von Fonds und damit für tausende von Anlegern anzutreffen ist, dürfte es für die finanzierenden Banken auch in diesen Fällen unmöglich sein, die Anleger für die von den Fonds aufgenommenen Kredite persönlich in Anspruch zu nehmen.“ Darüber hinaus stehen den Anlegern in vielen Fällen auch noch Zahlungsansprüche gegen die finanzierenden Banken zu.
Rechtlicher Hintergrund:
Zahllose Fondsgesellschaften sind in der Rechtsform der Gesellschaft bürgerlichen Rechts gegründet worden. Zur Finanzierung des Investitionsvorhabens, also beispielsweise der Errichtung oder des Kaufs einer oder mehrerer Fondsimmobilien, wurde von den Anlegern zum einen Eigenkapital eingezahlt, zum anderen wurden durch die Fondsgesellschaft Kredite aufgenommen. In der überwiegenden Mehrzahl von derartigen geschlossenen Immobilienfonds wurden die Immobilien zu teuer eingekauft oder ist deren Wert gesunken, so dass der Verkaufserlös in der Regel nicht ausreicht, um die von der Fondsgesellschaft aufgenommenen Darlehen zurückzuzahlen. Die finanzierenden Banken nehmen nun die Anleger auf Rückzahlung des restlichen Darlehensbetrages in Anspruch.
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs haften die Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft persönlich und in der Höhe unbegrenzt. In einer großen Zahl von Fonds, bei denen die Anleger unmittelbar als Gesellschafter der Fondsgesellschaft beigetreten sind, hat dies zur Folge, dass die kreditgebenden Banken die Anleger auf Rückzahlung der Darlehen in Anspruch nehmen können.
Anders ist die Situation nach der Entscheidung des BGH bei den Fonds, bei denen die Anleger mit sogenannten Treuhändern einen Treuhandvertrag geschlossen haben und die Treuhänder für die Anleger die Anteile an den Fondsgesellschaften treuhänderisch halten. Hier sind die Anleger nicht Gesellschafter des Fonds geworden und haften damit nach der aktuellen Entscheidung nicht für die Verbindlichkeiten der Fondsgesellschaften.
RA Nittel - 29. Januar, 10:43
Legt der Kunde einer Bank eine Scheckbestätigung zur Prüfung vor, kommt ein Auskunftsvertrag zustande, dessen Schlechterfüllung Schadenersatzansprüche nach sich ziehen kann. Dies entschied das Oberlandesgericht Karlsruhe und gab der Klage eines Bankkunden statt. Dieser hatte über das Internet seinen Jahreswagen für 42.300 Euro an einen vorgeblichen niederländischen Geschäftsmann verkauft, der in einem Fax ankündigte, bei Abholung werde das Auto mit einem bankbestätigten Scheck bezahlt. Kurz danach erhielt der Kläger ein weiteres Telefax, angeblich von einer niederländischen Bank, in dem ein namentlich genannter Angestellter bestätigte, dass der Käufer einen Scheck über 42.300 Euro unwiderruflich zugunsten des Klägers ausgestellt habe. Für Rückfragen war eine Telefonnummer angegeben. Abgebildet war auch der vermeintliche Scheck.
Auf Bitte ihres Sohnes begab sich die Mutter des Klägers zur Filiale der Beklagten, um das Schreiben mit dem abgebildeten angeblichen Scheck überprüfen zu lassen. Sie legte es am Schalter mit der Bitte um Bestätigung vor, dass der Scheck gedeckt sei und er eingelöst werden könne. Die Bankangestellte rief daraufhin bei der angegebenen Telefonnummer an und eine Frau bestätigte ihr, dass über den auf ein gesondertes Konto gebuchten Betrag nur noch mit diesem Scheck verfügt werden könne. Das gab die Angestellte so an die Mutter des Klägers weiter. Aufgrund dieser Information händigte der Kläger am nächsten Tag dem Abholer gegen Original des angeblichen Schecks den Wagen aus.
Der Wagen ist mittlerweile mehrfach weiterverkauft und schließlich gutgläubig von einem Dritten erworben worden. Der Scheckeinzug schlug fehl, es handelte sich nicht um einen Scheck, sondern lediglich ein Einzahlungsformular, eine Bankverbindung bei der niederländischen Bank bestand nicht, den namentlich benannten Angestellten gab es dort ebenfalls nicht. Die angegebene Vorwahl für den Niederlassungsort der Bank war falsch. Der Kläger begehrt nun von der Bank Schadensersatz in Höhe von 40.000 Euro wegen Verletzung der vertraglichen Verpflichtung zur Überprüfung des Telefaxschreibens.
Die Berufung der beklagten Bank zum Bankrechtssenat des Oberlandesgerichts Karlsruhe blieb ohne Erfolg. Der Senat ging auf der Grundlage der Beweisaufnahme des Landgerichts davon aus, dass zwischen den Parteien ein Beratungsvertrag oder jedenfalls ein Auskunftsvertrag mit Haftungsfolgen zumindest stillschweigend zustande gekommen ist und die Beklagte es übernommen hat, die vorgebliche Scheckbestätigung auf ihre Echtheit und Authentizität zu prüfen. Die Beklagte wusste, dass es dem Kläger auf eine Überprüfung durch eine fachkundige Person ankam und es für ihn um eine weitreichende finanzielle Entscheidung ging. Die Bankangestellte hätte sich danach nicht damit begnügen dürfen, nur die angegebene Nummer anzurufen, sondern hätte diese zur Überprüfung selbständig ermitteln müssen, zumal sie erkannt hatte, dass dem vermeintlichen Scheck die gesetzlichen Scheckbestandteile nach deutschem Recht fehlten. Die Verdachtsmomente hätten Anlass sein müssen, zu prüfen, wie ein ordnungsgemäßer Scheck einer niederländischen Bank bezeichnet ist und welche Bestandteile er aufweisen muss.
Diese Pflichtverletzung begründen die Schadensersatzpflicht der Bank, denn bei ordnungsgemäßer Prüfung wäre aufgefallen, dass es sich weder um einen Scheck handelte noch der auf der Bestätigung genannte Mitarbeiter bei der niederländischen Bank beschäftigt war.
Oberlandesgericht Karlsruhe, Urteil vom 21.10.2008, Az. 17 U 212/07
RA Nittel - 21. November, 11:06
Die im Jahr 2002 in Kraft getretenen neuen Regelungen zur Verjährung wirken sich auch auf die Ansprüche von Kreditinstituten im Zusammenhang mit Ansprüchen aus Bürgschaften aus. Wie der BGH jüngst in einer Entscheidung feststellte, muss eine Bank nach Fälligkeit einer Bürgschaftsforderung zeitnah die Anschrift des Bürgen überprüfen und nötigenfalls die neue Anschrift ermitteln. Tut sie dies nicht, verhält sie sich grob fahrlässig und muss mit einer Verjährung der Ansprüche aus der Bürgschaft mit Ablauf des dritten Jahres nach Fälligkeit der Bürgschaft rechnen.
In dem vom BGH entschiedenen Fall nahm die Bank den Vater des zahlungsunfähigen Kreditnehmers in Anspruch, der für die Rückzahlungsverpflichtung seines Sohnes im Sommer 1993 eine selbstschuldnerische Bürgschaft übernommen hatte. Nachdem dieser die Rückzahlung des Darlehens eingestellt hatte, kündigte die Klägerin das Darlehen und nahm den Bürgen gerichtlich in Anspruch. Entscheidend für den Rechtsstreit war die Frage, wann die Bank Nachforschungen nach der aktuellen Anschrift des Bürgen anstellen musste, denn ab diesem Zeitpunkt begann der Lauf der Verjährung.
Der BGH stellte fest, dass die Verjährung gemäß § 199 Abs.1 BGB mit dem Schluss des Jahres begonnen habe, in dem der Bürgschaftsanspruch entstanden war und die klagende Bank von der Person des Schuldners Kenntnis erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen müssen. Der Bürgschaftsanspruch ist zwar mit Fälligkeit der gesicherten Forderung im Jahr 2001 entstanden. Zur "Kenntnis von der Person des Schuldners" gehört aber nicht nur dessen Name sondern auch dessen ladungsfähige Anschrift, die der Bank bei Entstehung des Bürgschaftsanspruchs noch nicht bekannt war. Da der Bürge dem Gläubiger eine Adressänderung nicht mitteilen müsse und zwischen Abschluss des Bürgschaftsvertrags und Inanspruchnahme des Bürgen mitunter viele Jahre ins Land gingen, bestünde auf Seiten der Bank keine Verpflichtung zur permanenten Aktualisierung der Adressen von Bürgen. Allerdings treffe die Kreditinstitute im eigenen Interesse die Obliegenheit, im engen zeitlichen Zusammenhang mit der Entstehung des Bürgschaftsanspruchs die Anschrift des Bürgen zu überprüfen. Unterlasse die Bank eine solche zeitnahe Anschriftenprüfung und –ermittlung, würde die Unkenntnis über die aktuelle Anschrift des Bürgen auf grober Fahrlässigkeit beruhen und den Lauf der Verjährung in Gang setzen.
BGH, Urteil vom 23.09.2008, Az. XI ZR 395/07
RA Nittel - 19. November, 11:05
Immobilien als Kapitalanlagen werden gerade in Zeiten erheblicher Turbulenzen an den Kapitalmärkten verstärkt als attraktive und vermeintlich sichere Anlage empfohlen. Einen beinahe „klassischen“ Fall hatte nun das Landgericht München I zu entscheiden.
Die Klägerin und ihr Ehemann waren beide in Anlagedingen unerfahren und hoch verschuldet. Aus den Krediten hatten sie eine monatliche Ratenbelastung von über 1.400,– Euro zu tragen. Im Jahr 1999 wurden sie von einem Anlagevermittler angesprochen, der ihnen als Steuersparmodel und zur Altersvorsorge den Erwerb von zwei Eigentumswohnungen zu einem zu 100 % durch Kreditaufnahme zu finanzierenden Kaufpreis von mehr als 300.000 DM empfahl. Er erklärte ihnen, dass sie bei Erwerb der streitgegenständlichen Wohnungen aufgrund der starken Wertsteigerungen beträchtliche Gewinne sowie unbegrenzt garantierte Mieteinkünfte von 1.161 DM erzielen würden. Die Kapitalanlage würde sich weitgehend aus den Mieteinnahmen selbst tragen. Die Klägerin und ihr Mann müssten aus dem eigenen Vermögen fast nichts zuschießen. Nach der von ihm erstellten Beispielrechnung seien Zuzahlungsbeiträge in Höhe von lediglich 1.609 DM pro Jahr zu erwarten. Die Immobilie jederzeit wieder gewinnbringend verkauft werden. Ein Verlust sei dabei ausgeschlossen. Die Klägerin und ihr Ehemann veräußerten die Wohnungen zwischenzeitlich zu einem Preis von 39 500,– EUR und 32 500,– EUR. Der durch das Immobiliengeschäft verursachte Gesamtschaden beläuft sich auf 134 845,89 EUR.
Das Landgericht stellte Pflichtverletzungen des Anlagevermittlers in zwei Punkten fest und verurteilte ihn zu Schadenersatz.
Ein Anlagevermittler sei im Rahmen seiner vertraglichen Auskunftspflichten zur wahrheitsgemäßen, richtigen und vollständigen Information der Anleger über diejenigen tatsächlichen Umstände verpflichtet, die für den Anlageentschluss des Kunden von besonderer Bedeutung sind. Diese Verpflichtung habe der Beklagte verletzt. Unstreitig erklärte er, dass die Klägerin und ihr Ehemann aufgrund der starken Wertsteigerung beträchtliche Gewinne sowie garantierte Mieteinkünfte erzielen würden. Die Kapitalanlage würde sich weitgehend aus den Mieteinnahmen selbst tragen. Die Klägerin und ihr Mann müssten aus dem eigenen Vermögen fast nichts zuschießen. Laut Beispielsrechnung wären Zuzahlungen in Höhe von 1 609,– DM pro Jahr zu leisten. In jedem Fall könne die Immobilie jederzeit wieder gewinnbringend verkauft werden. Ein Verlust sei dabei ausgeschlossen. Diese Angaben seien nach den Feststellungen des Landgerichts unzweifelhaft falsch. Ein Verlust sei keineswegs ausgeschlossen gewesen. Vielmehr sei die Frage eines Gewinns oder eines Verlustes von der Wertentwicklung der Immobilie und der Frage der Vermietbarkeit und der Veräußerbarkeit abhängig gewesen.
Pflichtwidrig sei die gegenständliche Anlagevermittlung auch deshalb gewesen, weil der Anlagevermittler nach seinen eigenen Angaben die gegenständliche Immobilie auch im Hinblick auf die hohe Verschuldung der Klägerin und ihres Mannes sowie die erhebliche, monatliche Ratenbelastung empfohlen habe. Bei einer bereits bestehenden, hohen Schuldenlast stelle sich die Übernahme eines zusätzlichen, mit weiteren Verbindlichkeiten verbundenen Risikos als grob unvernünftig sowie wirtschaftlich und rechtlich unvertretbar dar. So etwas dürfe einem Verbraucher keinesfalls empfohlen werden.
LG München I, Urteil vom 16.04.2008, Az. 23 O 1239/08
RA Nittel - 17. November, 11:05
Kreditfinanzierte Kapitalanlagen bergen für Banken große Risiken, insbesondere, wenn sie mit Emittenten, Initiatoren oder Vertrieb zusammenarbeiten um Kreditgeschäft zu generieren. Überlässt die Bank dem Initiator oder dem von diesem eingeschalteten Vertrieb auch die Anbahnung des Kreditvertrages, droht bei Widerrufsrechten oder Schadenersatzansprüchen des Anlegers der Verlust des Darlehensrückzahlungsanspruchs.
Mit einem weiteren Fall, in dem es um den Widerruf eines Darlehensvertrags nach dem seinerzeitigen Haustürwiderrufsgesetz – heute im BGB geregelt – ging, befasste sich der BGH in seinem Urteil vom 23. September 2008. Der Kredit für einen finanzierten Fondsbeitritt wurde hier nicht bei der in der Konzeption vorgesehenen Sparkasse, sondern bei der Hausbank des Anlegers aufgenommen. Diese sei aber, wie der BGH feststellte, in den Vertrieb der Fondsanteile nicht eingebunden gewesen. Auf die vom Kläger erstmals in der Berufungsinstanz behauptete Rahmenvereinbarung zwischen dem Anlagevermittler und der Beklagten komme es insoweit von vorneherein nicht an. Die angebliche Vereinbarung, nach der die Beklagte die Beteiligungen der vom Vermittler vermittelten Anleger, gleich bei welchem Fonds, finanzieren wollte, besage nichts über eine erforderliche institutionalisierte Zusammenarbeit der Beklagten mit den Initiatoren, Gründungsgesellschaftern und Prospektverantwortlichen des Fonds, dem der Kläger beigetreten sei.
Der Vermittler einer kreditfinanzierten Kapitalanlage handele dann nicht im Namen und für Rechnung der finanzierenden Bank, wenn er keine Empfehlung gerade zu Verhandlungen mit dieser Bank ausgesprochen hat, sondern deren Auswahl auf einer eigenständigen, selbstbestimmten Weisung des Anlegers beruht. Der mit der Haustürgeschäfterichtlinie (Richtlinie 85/577/EWG vom 20. Dezember 1985, Erwägungen vor Art. 1) verfolgte Schutzzweck, den Verbraucher nicht an das Ergebnis von Vertragsverhandlungen zu binden, die auf eine für ihn unerwartete Initiative des Gewerbetreibenden hin geführt worden sind, rechtfertige es nicht, eine von dem Dritten geschaffene Haustürsituation auch dann der Bank zuzurechnen, wenn sie allein auf Wunsch des Anlegers eingeschaltet werde. Besorge hingegen der in den Vertrieb der Kapitalanlage eingebundene Dritte zwar im Auftrag des Anlegers die Finanzierung der vermittelten Kapitalanlage, wird die konkrete Bank dabei aber nach Empfehlungen, bestehenden geschäftlichen Verbindungen oder freiem Ermessen des Dritten bestimmt, so sei eine auf seinem Handeln beruhende Haustürsituation der Bank zuzurechnen. Erst wenn der Anleger einen solchen mit dem Vertrieb der Kapitalanlage zunächst angelegten Zusammenhang durch eine von den Empfehlungen des Vertriebs abweichende autonome Weisung unterbrecht, werde der Dritte nicht mehr – auch nicht im weitesten Sinne – wirtschaftlich für Rechnung der Bank tätig, sodass eine von ihm geschaffene Haustürsituation dieser nicht zugerechnet werden kann (Senatsurteil vom 10. Juni 2008 – XI ZR 348/07, WM 2008, 1593, 1595 Tz. 23).
BGH, Urteil vom 23.09.2008, Az. XI ZR 266/07
RA Nittel - 15. November, 08:04
Eine Bank, die einen Baukredit gewährt, ist grundsätzlich nicht verpflichtet, im Interesse des Kreditnehmers den Baufortschritt und die zweckentsprechende Verwendung der Darlehensmittel zu überwachen. Dies stellte das OLG Naumburg in einem Rechtsstreit fest, der sich an ein von einem Bauträger nicht fertig gestelltes Bauvorhaben anschloss. Der klagende Kreditnehmer und Bauherr ging, was vor Gericht nicht bewiesen werden konnte, von der Vereinbarung mit der finanzierenden Bank zur Kontrolle des Baufortschritts vor jeder vertragsgemäßen Teilauszahlung des Kredits aus.
Wie das OLG Naumburg feststellte, besteht eine Überwachungspflicht der Bank zum Schutz des Bauherren/Kreditnehmers grundsätzlich nur dann, wenn dies besonders vereinbart ist. Risiken, die sich in diesen Bereichen für den Erwerber verwirklichen, fallen primär in deren Verhältnis zu Dritten, beispielsweise den Bauträger. Die Beurteilung der Frage, ob die Bank das Darlehen auszahlen darf, obwohl, wie sie weiß, die Bautätigkeit eingestellt ist, hängt nach Ansicht des OLG Naumburg von den Gesamtumständen, insbesondere davon ab, ob es sich lediglich um eine vorübergehende Einstellung handelt oder das Bauvorhaben endgültig undurchführbar geworden ist. Das Gericht geht davon aus, daß die Kreditgewährung in aller Regel gerade dann im Interesse der Erwerber liegen, wenn die Bautätigkeit nur wegen fehlender Kreditmittel stockt (BGH, Urteil vom 01.10.1987, Az. III ZR 134/86), so dass eine Auszahlung des Kredits dann nicht pflichtwidrig sei.
Ein Kreditinstitut, welches ein Bauvorhaben finanziert, ist allein aus dem Darlehensvertrag dem Bauherrn gegenüber auch nicht verpflichtet, die wirtschaftliche Durchführbarkeit des Bauvorhabens zu überprüfen und seine Ausführung zu überwachen; das gilt auch für eine Spezialbank für Baufinanzierungen. Der Bauherr, der einen Treuhänder mit der Durchführung des Bauvorhabens beauftragt, kann seine Einwendungen aus dem Geschäftsbesorgungsvertrag mit dem Bauträger dem finanzierenden Kreditinstitut nur dann im Wege des sogenannten Einwendungsdurchgriffs nach § 242 BGB entgegensetzen, wenn sich die kreditgebende Bank nicht auf ihre Rolle als Kreditgeberin beschränkt, sondern sich in einer darüber hinausgehenden Weise am finanzierten Geschäft beteiligt, insbesondere Aufgaben des Bauträgers im Zusammenwirken mit diesem wahrnimmt (BGH, Urteil vom 12.07.1979, Az. III ZR 18/78; OLG Düsseldorf, Urteil vom 24.05.1984, Az. 6 U 164/83).
OLG Naumburg, Urteil vom 08.05.2008, Az. 2 U 172/07
RA Nittel - 13. November, 08:02
Im Kapitalanlagemarkt hat sich ein System von Provisionen etabliert; Provisionen für den Abschluss von Geschäften, Bestandsprovisionen dafür, dass Depots oder Anlagen über einen längeren Zeitraum beibehalten werden, Provisionen an Anlage- oder Vermögensberater, Banken und Vermögensverwalter. Provisionen stecken, mehr oder minder verborgen, in fast jedem Angebot, vom Bausparvertrag über die Riester-Versicherung, offene- und geschlossene Fonds bis zu Investmentfonds- Sparplänen oder Zertifikaten. Je riskanter und komplexer ein Produkt, desto mehr Provisionen werden damit verdient. Kaum ein Kunde weiß von diesen Provisionen, auch wenn Banken und andere Wertpapierdienstleister seit einiger Zeit gesetzlich verpflichtet sind, diese auszuweisen. Der Bundesgerichtshof hat mehrfach Banken wegen unterlassener Aufklärung von Kunden über solche Kick-Back-Zahlungen zu Schadenersatz verurteilt.
Doch Provisionen werden nicht nur bei Wertpapierdienstleistungen gezahlt und vereinnahmt. Der gesamte Bereich der Finanzdienstleistungen scheint von einem undurchsichtigen Provisionsgeflecht und den daraus resultierenden Interessenkonflikten durchdrungen zu sein, wie verschiedene in jüngster Zeit ergangene Gerichtsentscheidungen zeigen. So wurde die Citybank unlängst vor dem Landgericht Bochum zu Schadenersatz verurteilt, weil sie Provisionen, die sie für den Abschluss einer Restschuldversicherung bei einem Verbraucherkredit erhielt, nicht offengelegt hat. Das Landgericht München I wies kürzlich in einem Rechtsstreit darauf hin, dass eine Bank, die über einen geschlossenen Immobilienfonds berät, über die Provisionen aufklären muss, die sie bei Zeichnung der Beteiligung durch den Kunden erhält. Das Landgericht Heidelberg verurteilte vor einigen Wochen einen Vermögensverwalter zu Schadenersatz, der seine Kunden zwar dem Grunde nach darüber aufgeklärt hatte, dass er Provisionen erhält, deren exakte Höhe jedoch nicht genannt hat.
Unbestritten: Finanzdienstleister müssen auch von etwas leben. Wenn sie eine Beratungsdienstleistung erbringen, wollen und sollen sie dafür auch bezahlt werden. Doch warum soll der Kunde davon nichts erfahren, warum wird dem Kunden der Eindruck vermittelt, die Beratungsdienstleistung koste nichts? Ein wenig mehr Ehrlichkeit und Transparenz wäre hier sicherlich angebracht, auch damit der Kunde erkennen kann, was der wirkliche Beweggrund des Beraters für seine Anlageempfehlung ist. Die steigende Nachfrage nach einer echten Honorarberatung ohne Provisionsinteressen ist auch ein Zeichen dafür, dass die Verbraucher in immer stärkerem Maße erkennen, dass eine qualitativ hochwertige Beratung ihren Preis hat.
Für all jene, die provisionsgetrieben Finanzprodukte unter dem Deckmantel der Beratung verkaufen und sich weiterhin hinter dem Rücken ihrer Kunden Provisionen bezahlten lassen, steigt das Risiko, vom Kunden auf Schadenersatz in Anspruch genommen zu werden. Nicht wenige Banken, Vermögensverwalter und Vermögensberater wurden bereits zu Schadenersatz verurteilt, mussten dem Anleger das investierte Kapital erstatten, ohne Rücksicht darauf, ob bei der Anlage Verluste erzielt wurden, oder nicht.
RA Nittel - 11. November, 15:24
Leitsatz des Gerichts:
Die auf fehlerhafter Eingabe der Kontonummer bzw. Bankleitzahl beruhende Fehlüberweisung eines Unternehmers im beleglosen Überweisungsverkehr mittels elektronischer Datenfernübertragung stellt eine kondizierbare Leistung des Überweisenden an den tatsächlichen Empfänger dar.
Der Kläger nimmt den Beklagten wegen zwei Fehlüberweisungen im Dezember 2004 i.H.v. insgesamt 6.343,64 EUR in Anspruch. Der Kläger hatte zwei Rechnungen eines Unternehmens zu bezahlen und bei den entsprechenden Überweisungsaufträgen an seine Hausbank im Wege des beleglosen Datenträgeraustausches zwar Empfängerin und Kontonummer richtig bezeichnet, aber versehentlich die falsche Bankleitzahl - die der Hausbank des Beklagten - angegeben.
Das Landgericht hatte der Klage stattgegeben. Das OLG Dresden erließ einen Hinweisbeschluss, wonach es die vom Beklagten gegen das erstinstanzliche Urteil eingelegte Berufung durch Beschluss zu verwerfen beabsichtige. Zur Begründung führte der für Bankrechtsfragen zuständige 8. Zivilsenat aus, dass das das Landgericht hinsichtlich beider Fehlüberweisungen zu Recht Leistungsverhältnisse zwischen den Parteien des Rechtsstreites
angenommen und dementsprechend Bereicherungsansprüche des Klägers gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB bejaht hat.
Der Beklagte hat die seinem Konto gutgeschriebenen Beträge durch Leistungen des Klägers erlangt.
Bei der gewöhnlichen Fehlüberweisung, die darin besteht, dass die Überweisung aufgrund eines Irrtums der Bank an einen anderen als den im Überweisungsauftrag namentlich bezeichneten Empfänger ausgeführt wird, liegt eine Leistung des Überweisenden an den tatsächlichen Überweisungsempfänger nicht vor. Denn in diesem Fall fehlt es regelmäßig an einem wirksamen Überweisungsauftrag. Der Überweisende hat eine in dieser Weise fehlgehende Zahlung nicht veranlasst und muss sie sich nicht als eigene Leistung an den Empfänger zurechnen lassen.
Dieser Grundsatz gilt auch für Fehlüberweisungen im beleggebundenen Überweisungsverkehr, die mitursächlich darauf beruhen, dass der Überweisende das Konto des zutreffend benannten Empfängers unrichtig bezeichnet. Denn in einem solchen Fall hat die Empfängerbezeichnung Vorrang vor der Kontonummernangabe, so dass der Empfänger
die Gutschrift auf seinem Konto, die die Bank infolge unterlassenen Abgleichs zwischen Name und Kontonummer erteilt, nicht als Leistung des Überweisenden erhält.
Anders verhält es sich aber bei Fehlüberweisungen im beleglosen Überweisungsverkehr mittels elektronischer Datenfernübertragung. Das gilt jedenfalls dann, wenn der Überweisende - wie hier - kein Verbraucher ist. Ein solcher Auftraggeber weiß und erklärt sich konkludent damit einverstanden, dass seine Überweisungsaufträge ausschließlich anhand der elektronisch gespeicherten numerischen Angaben ausgeführt werden, Kontonummer und Bankleitzahl also als Synonym für den Überweisungsempfänger stehen, ohne dass ein Kontonummer-Namensvergleich stattfindet. Zu einem solchen Abgleich waren und sind die Empfängerbanken aufgrund der bankenmäßigen Vereinbarungen über den beleglosen Datenaustausch im Inlandszahlungsverkehr nicht verpflichtet; der Hausbank des Überweisenden ist ihrerseits, sofern sie nicht zugleich das Konto des Empfängers führt, eine Prüfung anhand eigener Erkenntnisquellen kaum möglich. Ist danach die Bezeichnung von Kontonummer und Bankleitzahl und gerade nicht die hiervon abweichende namentliche Angabe des Überweisungsempfängers maßgeblich, so hat der in dieser irrtümlich fehlerhaften Weise Überweisende, der kein Verbraucher ist, die fehlgehende Zahlung kraft
wirksamen Überweisungsauftrages selbst veranlasst. Dementsprechend stellt sich seine fehlgehende Zahlung als eigene Leistung an den Überweisungsempfänger dar.
Der Beklagte hat die überwiesenen Beträge also jeweils durch Leistung des Klägers, aber ohne Rechtsgrund erlangt, so dass er gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB zur Rückzahlung verpflichtet ist. Auf Entreicherung (§ 818 Abs. 3 BGB) kann sich der Beklagte nicht berufen, weil er gemäß §§ 818 Abs. 4, 819 Abs. 1 BGB verschärft haftet.
Eine doppelte Inanspruchnahme muss der Beklagte nicht befürchten. Weder seine noch die Bank des Klägers hat gegen ihn bereicherungsrechtliche oder sonstige Ansprüche wegen der fehlgegangenen Zahlungen. Umgekehrt hat der Kläger seinerseits keine Möglichkeit, sich bei einer dieser Banken schadlos zu halten, sondern ist auf die Inanspruchnahme des Beklagten verwiesen.
OLG Dresden, Beschluss vom 19.03.2007 - 8 U 311/07
RA Nittel - 7. Oktober, 09:13
Die Entschädigungseinrichtung der Wertpapierhandelsunternehmen (EdW) darf Finanzdienstleistungsunternehmen vorerst nicht zu Sonderbeiträgen zur Finanzierung der Entschädigung von Anlegern wegen der so genannten Phoenix-Pleite heranziehen. Dies hat das Verwaltungsgericht Berlin in einer größeren Zahl gleich gelagerter Beschlüsse vom 17. September 2008 entschieden (Az. VG 1 A 74/08 u.a.).
Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht hatte im März 2005 festgestellt, dass die Phoenix Kapitaldienst GmbH nicht mehr in der Lage ist, Verbindlichkeiten aus Wertpapiergeschäften zu erfüllen und keine Aussicht auf eine spätere Erfüllung besteht, so dass der Entschädigungsfall nach dem Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetz (EAEG)eingetreten sei. In der Folge setzte die EdW im Dezember 2007 gegenüber den der Einrichtung angehörenden Finanzdienstleistungsunternehmen zur Finanzierung der Entschädigung der Phoenix-Anleger Sonderbeiträge in Höhe von 2.000 bis 1,5 Millionen € fest. Für die Entschädigung der rund 30.000 Anleger sieht die EdW einen zusätzlichen Finanzbedarf von etwa 200 Millionen Euro. Die erste Tranche hiervon hat ein Volumen von etwa 28 Millionen €, die auf die ca. 700 der EdW angehörenden Institute umgelegt werden sollen.
Das Verwaltungsgericht Berlin hat den Eilanträgen der zu Sonderbeiträgen herangezogenen Finanzdienstleistungsunternehmen stattgegeben. Das Gericht geht davon aus dass die Sonderbeiträge im Zeitpunkt ihrer Erhebung noch nicht fällig gewesen seien. Weder das EAEG noch die Beitragsverordnung der EdW stellten eine Rechtsgrundlage für die Erhebung von Sonderbeiträgen dar, wenn Entschädigungsansprüche noch nicht festgestellt oder ausbezahlt worden seien. Ferner sei die Verordnungsermächtigung für Sonderbeiträge im EAEG nach Ansicht des Gerichts in wesentlichen Punkten zu unbestimmt. Darüber hinaus bestünden erhebliche Zweifel, ob das EAEG eine den verfassungsrechtlichen Anforderungen entsprechende Ermächtigung zum Erlass einer Rechtsverordnung (hier der Beitragsverordnung) enthalte. Letztlich könnte durch die Höhe der geforderten Beträge die Grenze des abgabenrechtlich Zumutbaren überschritten sein.
VG Berlin, Beschlüsse vom 17. September 2008, Az. VG 1 A 74/08 u.a.
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RA Nittel - 5. Oktober, 14:18
Das Kammergericht befasste sich unlängst mit kick-backs, diesmal im Zusammenhang mit Steuersparimmobilien, und belegte das Provisionsversprechen mit dem Verdikt der Nichtigkeit.
Ein Anleger hatte sich auf Empfehlung seines langjährigen Anlageberaters an einem Bauträgermodell beteiligt. Der Anlageberater verschwieg die nicht unerheblichen Vermittlungsprovisionen, die ihm vom Objektanbieter vertraglich zugesagt waren, die aber unterhalb von 15 % der Investitionssumme lagen. Der Anleger forderte die Rückzahlung dieser Provision an die Gesellschaft, an der er sich mit dem Ziel der Begründung von Wohnungs-/Teileigentum beteiligt hatte.
Das Kammergericht bejahte einen Anspruch wegen Nichtigkeit des Provisionsversprechens nach § 138 BGB. Es sei bedenklich, wenn Unternehmen, die steuerbegünstigte Vermögensanlagen anbieten, Anlageberatern eine Provision für den Fall versprechen, dass sie ihre Klienten zu einem Vertragsschluss mit diesem Unternehmen veranlassen. Es läge in der Natur der Sache, dass Anlageberater mit ihren Klienten die Frage erörtern, in welcher Weise diese ihr Vermögen am besten anlegen können. Der abgeschlossene Anlageberatungsvertrag verpflichte den Anlageberater zu richtiger und vollständiger Information über die tatsächlichen Umstände, die für den Kaufentschluss des Interessenten von wesentlicher Bedeutung seien. Der Anleger habe einen Anspruch darauf, dass sein Berater Fragen hinsichtlich des Anlageobjekts mit völliger Objektivität beantworte, sich also ausschließlich vom Interesse des Klienten leiten und sich nicht durch unsachliche Gesichtspunkte, insbesondere nicht durch zu erwartende persönliche Vermögensvorteile beeinflussen lasse.
Durch eine Provisionsvereinbarung gerate der Anlageberater in die Gefahr, seinen Klienten nicht mehr unvoreingenommen zu beraten. Dem Vorwurf des Treuebruchs könne er nur dadurch entgehen, dass er den Kunden das ihm gegenüber abgegebene Provisionsversprechen offenbare. Die Annahme einer Nichtigkeit des Provisionsversprechens nach § 138 BGB setze aber voraus, dass der Versprechende wisse oder damit rechne und billigend in Kauf nehme, dass der Anlageberater die Provisionsvereinbarung seinem Mandanten verschweigen will. An den Nachweis der subjektiven Voraussetzungen dürften keine allzu strengen Anforderungen gestellt werden. Das Verschulden des Hinweisverpflichteten werde, so das Kammergericht, regelmäßig vermutet.
RA Nittel - 3. Oktober, 12:37